Muslimische Telefonseelsorge

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

03. September 2009


„Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an!“ Mit diesem Slogan begann in unserer Stadt vor mehr als fünfzig Jahren die Erfolgsgeschichte der Telefonseelsorge.

Es war die Idee eines Mannes, der das Leid der Menschen kannte: Klaus Thomas war Pfarrer und Arzt zugleich. Er wollte nicht, dass Menschen sterben. So warb er mit Plakaten um das Leben derer, die sich selbst schon aufgegeben hatten.

Daraus ist die Telefonseelsorge entstanden. Sie gehört zum festen Angebot der evangelischen und der katholischen Kirche. Fünftausendmal pro Tag, zwei Millionen mal im Jahr, läutet das Telefon an einem der 105 Standorte der Telefonseelsorge. Rund um die Uhr stehen Helfer bereit, um den Hörer abzunehmen. Sie haben ein Ohr für jeden. Niemand erfährt etwas von diesem Gespräch. Und es ist absolut kostenlos (0800-111 0 111 oder 0800-111 0 222). Die Telefonseelsorge ist ein Ohr der Kirche am Puls der Zeit, an den Sorgen der Menschen.

Seit kurzem hat die kirchliche Telefonseelsorge eine muslimische Schwester: In dieser Woche wird feierlich die Gründung des Muslimischen SeelsorgeTelefons (MuTeS) gefeiert. Ich gratuliere dazu von Herzen!

Das Muslimische SeelsorgeTelefon schließt eine dringliche Lücke. Unter der Rufnummer 030-443509821 finden nun auch jene Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt einen Anlaufpunkt, die aufgrund ihres Glaubens ihre Sorgen und Fragen bislang für sich behielten. Gut ausgebildete ehrenamtliche Seelsorger bieten jeden Tag für acht Stunden ihr Ohr. So bald wie möglich soll die Hilfe auf einen 24-stündigen Dienst ausgeweitet werden.

Bereits vor einigen Jahren hatte sich ein russisch-sprachiger Notfalldienst in Berlin ausgebildet: Das Telefon Doweria (030-44010606). Es hilft russischsprachigen Menschen, sich in Berlin und in Deutschland zurechtzufinden.

Die evangelische Kirche in Berlin unterstützt diese Telefonangebote ausdrücklich. Es ist gut, wenn für alle, die in unserer Stadt Not leiden oder in Not sind, die Chance auf einen entlastenden Anruf besteht. Jeder soll zum Hörer greifen können. Jeder soll sich das Schwere von der Seele sprechen können. Sprache oder Religion dürfen keine unüberwindbaren Zäune darstellen.

Das Muslimische SeelsorgeTelefon ist deshalb ein weiterer wichtiger Baustein der Integration. Es ist ihm zu wünschen, dass es viele Menschen die erhoffte Hilfe bringt. „Einer trage des andern Last“ heißt ein biblischer Grundsatz. Er wird in der Telefonseelsorge auf besondere Weise verwirklicht.