Beginn des Zweiten Weltkriegs

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

27. August 2009


In Deutschland gibt es kaum eine Familie, die in der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg nicht Tote zu beklagen hätte. Für unser Nachbarland Polen gilt das erst recht. Gemessen an seiner Bevölkerungszahl war der Anteil der Toten unter Soldaten und Zivilisten höher als in jedem anderen Land. Besonders groß waren die Opfer im jüdischen Bevölkerungsteil, den auszurotten das erklärte Ziel der nationalsozialistischen Diktatur war. Mit dem Kriegsende war das Leid nicht zu Ende. Nun wurden Menschen in großer Zahl umgesiedelt und vertrieben. Von Ost nach West in Polen. Und Millionen von Deutschen mussten ihre Heimat verlassen.

All das tritt in diesen Tagen wieder ins Bewusstsein. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs jährt sich zum siebzigsten Mal. Ich hoffe, dass in diesen Tagen das Gespräch zwischen Jung und Alt in Gang kommt. Sicher wird dabei auch viel Trauriges zur Sprache kommen. Doch der Austausch über die Vergangenheit bildet eine Brücke, auf der sich die Generationen begegnen können. Meine frühesten Kindheitserinnerungen verbinden sich mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Andere können sich auch an dessen Beginn erinnern. Der Krieg ist eine einschneidende Erfahrung. Sie prägt das Leben einer ganzen Generation. Aus der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg erwächst eine besondere Verpflichtung für Frieden und Versöhnung.

Die Evangelische Kirche hat sich schon früh der damit verbundenen Verantwortung gestellt. In der Stuttgarter Schulderklärung bekannte sie bereits im Oktober 1945: „Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden.“ Zwanzig Jahre später hat sie an das Schicksal der Vertreibung erinnert und dies mit einem mutigen Schritt der Versöhnung mit den östlichen Nachbarn verbunden. Daran haben sich wichtige kirchliche und politische Schritte angeschlossen.

An Aktualität hat all das auch 70 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht verloren. In den Gottesdiensten des kommenden Sonntags wird die Erinnerung an den Kriegsbeginn lebendig sein. Ich werde das Thema in meiner Predigt um 10:30 in der St. Marienkirche aufnehmen. Am kommenden Dienstag, dem Jahrestag des Kriegsbeginns selbst, werde ich in einer der schlesischen Friedenskirchen in Jauer gemeinsam in einem gemeinsamen deutsch-polnischen Gottesdienst die Klage über das, was geschah, und die Bitte um Frieden vor Gott bringen. Wir werden uns an das Wort Jesu erinnern: „Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“