Trinität

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

09. Juli 2009


In Berlin kann jeder nach seiner Fasson selig werden. Immer wieder wird dieser Ausspruch Friedrichs des Großen zitiert. Aber heute hat er einen ganz neuen Sinn. Noch nie waren in unserer Stadt mehr Religionen vereint als heute. Noch nie lebten hier Angehörige so vieler christlicher Konfessionen zusammen.

Aber zu Berlin gehört nicht nur der farbenfrohe Karneval der Kulturen der Welt. Zu unserer Stadt gehören auch schwer bewaffnete Polizisten vor jüdischen Einrichtungen. In  Berlin entfaltet sich wieder jüdisches Leben. Aber es gibt auch Vorurteile, die noch längst nicht überwunden sind. Muslime leben in großer Zahl in unserer Stadt; aber wechselseitige Kenntnis, gute Nachbarschaft und die Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit kritischen Fragen des Zusammenlebens müssen sich erst noch entwickeln.

In dieser Woche hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem vertieften Dialog der Religionen ermutigt. Ihr Beispiel war der Dialog zwischen Christen und Juden. In Deutschland wird dieser Dialog an über achtzig Orten durch Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit gefördert. Ihr bundesweiter Koordinierungsrat feierte in Berlin sein sechzigjähriges Jubiläum. Die Bundeskanzlerin gratulierte persönlich.

Aus den Schrecken des Nazi-Regimes ist dieser Dialog geboren. Er hat die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, was Christen und Juden im Glauben an Gott miteinander verbindet und voneinander unterscheidet. Das Volk Israel verlässt sich auf den Bund Gottes mit diesem besonderen Volk; die christlichen Kirchen erkennen heute an, dass dieser Bund ungekündigt ist und durch die Kirche nicht ersetzt werden kann.

Für uns Christen ist das Bekenntnis zu Jesus Christus als Gottes Sohn, als Herr und Erlöser der Welt der Kern unseres Glaubens und unserer Verkündigung. Durch ihn ist die Botschaft von Gottes Gnade über die Grenzen des Volkes Israel zu einer Heilsbotschaft für alle Menschen geworden. Durch seinen Geist bestimmt diese Botschaft Menschen in aller Welt. Aus diesem Grund bekennen Christen sich zu Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Deshalb sprechen wir Christen von der „Dreieinigkeit“ Gottes, der „Trinität“. Die weltumspannende Bedeutung des christlichen Glaubens hängt damit zusammen.

Das Beispiel zeigt: Das Bekenntnis zu dem einen Gott verbindet sich mit einem unterschiedlichen Verständnis des Wesens und Wirkens Gottes. Je deutlicher diese Differenz geklärt ist, desto  leichter können Juden, Christen und Muslime gemeinsam für die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens und für ein friedliches Zusammenleben in Berlin eintreten.