Fastenzeit – warum jetzt fasten?

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ


Ob mit Katharina Witt oder den Weight Watchers im Fernsehen: viele Menschen wollen abnehmen. Sportlich werden und schlank – das ist heute angesagt. Fasten ist ein Teil unserer Gesundheitskultur geworden. Und es ist auch eine gute Erfahrung: Eine Woche nur trinken, nichts essen. Oder: Zwei Wochen nach einer strengen Diät leben. Wer das gelegentlich macht, merkt: Ich kann mir das zutrauen; ich schaffe das.

Fasten hat seinen Ursprung in der Religion. Im Christentum ist es fest verankert. Denn Jesus selbst fastete vierzig Tage in der Wüste. Dabei geht es freilich nicht nur um Gesundheit und Fitness. Sie sind höchstens ein erwünschter Nebeneffekt. Es geht nicht nur um einen schlanken Körper. Es geht um Klarheit für unsere Seele.

Vierzig Tage umfasst auch die christliche Fastenzeit vor Ostern. Die Passionszeit bereitet auf die Erinnerung an den Kreuzestod und die Auferweckung Jesu vor. Viele Menschen nutzen diese Zeit, um bewusster zu leben. Man denkt vor allem an Verzicht: Sieben Wochen ohne Süßigkeiten oder ohne Alkohol, vielleicht auch ohne Fernsehen, ohne Handy. Nach Möglichkeit das Auto stehen lassen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren. Es ist gut, lieb gewordene Gewohnheiten zu durchbrechen. Ein bewusster Umgang mit den eigenen Bedürfnissen und dem eigenen Körper hat eine befreiende Wirkung. Er kann den Blick für Neues eröffnen.

„Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“ So hat John Lennon gesungen. Vieles liegt nicht in unserer Hand. Aber wir verhalten uns ganz anders. Generalstabsmäßig wollen wir unser Leben planen: Ausbildung, Job, Auto, Wohnung, vielleicht endlich eine große Reise. Es soll bloß nichts dazwischen kommen. Bloß auf diesem Weg nicht anecken. Auch Kinder könnten stören. Deshalb werden sie auf später verschoben. Vielleicht ist es dann aber schon zu spät.

Was läuft gut in meinem Leben – und was will ich anders machen? Worauf kommt es denn wirklich an? Solche Fragen brauchen Zeit. Ein bewusster Verzicht kann uns für diese Fragen öffnen. Eine Veränderung der Lebensweise, wenigstens auf Zeit, kann uns auf das Wesentliche besinnen: dass wir uns von falschen Bindungen befreien und uns für den Halt öffnen, den wir unserem Leben nicht allein geben können.

„Und siehe, ich mache alles neu“ – so heißt die Erfahrung, auf die wir uns durch Fasten vorbereiten können. Es ist die Ostererfahrung. Vierzig Tage Vorbereitung sind dafür nicht zu viel.