Gazakrieg

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

15. Januar 2009


Vor zehn Jahren gründeten der Dirigent Daniel Barenboim und der Schriftsteller Edward Said das West-Eastern Divan Orchestra.  In diesem Klangkörper brachten sie die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft von Israelis und Palästinensern zum Ausdruck. Das Orchester sollte ein Labor der Verständigung werden - über die Gräben hinweg, die die Menschen im Nahen Osten voneinander trennen.

Wegen des Kriegs im Gazastreifen wurde der Auftakt der Jubiläums-Tournee zum zehnjährigen Bestehen des West-Eastern Divan Orchestra in Katar und Kairo abgesagt. Die Musiker kamen trotzdem zusammen. Am Montag gaben sie ein Sonderkonzert in der Staatsoper Unter den Linden. Das kurzfristig nach Berlin verlegte Konzert war nach wenigen Stunden ausverkauft. Die Musiker aus Israel, Palästina, Syrien und dem Libanon erklärten sich zu einem zweiten Auftritt am gleichen Abend bereit.

Damit setzte das Orchester ein Zeichen der Hoffnung. Die Musiker widersprachen dem Geist von Hass und Zwietracht. Denn zu Beginn des Jahres 2009 herrscht Krieg im Heiligen Land. Meine Gedanken sind bei den Opfern der Gewalt. Ich denke an die Menschen, die Angehörige verloren haben, deren Haus kaputt ist oder die verletzt wurden.

Der Violinist Nabil Abbud Aschkar, ein in Israel geborene Palästinenser, sagt es so:  «Es ist klar, dass wir nicht tatenlos zusehen können, wie palästinensische Kinder getötet werden, aber auch nicht, wie Raketen auf Sderot fallen. Ich könnte mich den ganzen Tag mit mir selber streiten.»

Die Wucht des Krieges trifft vor allem die Zivilbevölkerung. Eltern und Kinder in Sderot haben genau 15 Sekunden Zeit, sich vor den todbringenden Kassam-Raketen in Sicherheit zu bringen. Die Hamas verschanzt sich in Wohngebieten und Moscheen. Dadurch wird die Zivilbevölkerung zur Geisel genommen. Israel erklärt, Rücksicht zu üben, und nimmt doch tote Kinder und Eltern in Kauf.

Die Palästinenser haben eine Regierung verdient, die ihre Interessen mit Weisheit vertritt. Die Waffenlieferungen des Iran in den Gazastreifen müssen unterbunden werden. Vor allem anderen muss die Hamas das Existenzrecht Israels anerkennen. Aber Israel muss der Tatsache ins Auge sehen, dass ein Sieg im Gazakrieg allein keine friedliche Zukunft eröffnet. Denn der abgrundtiefe Hass wird dadurch nicht gebrochen.

Palästinenser und Israelis brauchen verantwortliche Führer, die Mut zum Frieden aufbringen. Und sie benötigen die Hilfe internationaler Partner. Palästinenser und Israelis müssen gemeinsam den Weg zu Versöhnung und Frieden gehen. Denn Gott hat kein Gefallen am Tod der Menschen – weder von Israelis noch von Palästinensern.