Kältehilfe

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

08. Januar 2009


Solche Minusgrade haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Spiegelglatte Straßen, Schnee und sibirische Kälte. Die Kinder freuen sich über den Schnee und holen die Rodelschlitten heraus. Schlittschuhläufer wagen sich aufs Eis. Autofahrer ärgern sich über den  schleichenden Verkehr. Alte Menschen trauen sich nicht mehr auf die Straße. Sie sitzen in ihren Wohnungen und sind darauf angewiesen, dass der freundliche Nachbar für sie die benötigten Medikamente mitbringt oder der Sohn für sie einkaufen geht.

Ganz besondere Hilfe benötigen aber bei diesen Temperaturen Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. Schon in den Sommermonaten ist das Leben auf der Straße ein täglicher Kampf um etwas zum Essen und um ein Lagerstatt für die Nacht. Bei derart eisigen Temperaturen geht es jedoch ums Überleben. Wer kann, sucht eine warme U-Bahn-Station oder einen anderen geheizten Ort auf. Schnell ist jedoch eine Erkältung oder ein Lungenentzündung da. Jeder weiß, wie schwer es ist, gesund zu werden, wenn man ständig friert. Genau so schwer ist es, gesund zu bleiben, wenn man ohne Wohnung ist.

Infolge der Finanzmarktkrise hat das Jahr 2009 für viele Menschen mit Sorgen um die eigene Zukunft begonnen. Doch die Unruhe um das eigene Auskommen darf uns den Blick für das Leid anderer nicht verstellen. Für manche spitzt sich die Not in diesen kalten Nächten dramatisch zu.

In der Kältenotübernachtung der Berliner Stadtmission nahe dem Hauptbahnhof warten täglich bis zu 110 Menschen geduldig vor der Tür, bis dort geöffnet wird. Jeden Abend hilft ein Arzt bei akuten gesundheitlichen Problemen. Es gibt warmes Essen und heiße Getränke. Viele ehrenamtliche Helfer arbeiten tun Dienst in der Notübernachtung, tauschen sich mit den Gästen aus und versorgen sie mit Essen. Andere fahren mit dem Kältebus der Berliner Stadtmission durch die Straßen. Überall in der Stadt suchen sie nach hilfsbedürftigen Menschen und bringen sie, wenn sie das wünschen, zu einem sicheren Übernachtungsplatz.

Lange Abendstunden habe ich schon mit den Helfern der Berliner Stadtmission verbracht und bin mit ihnen durch unsere Stadt gefahren. Man erlebt dabei, wo Berlin am tiefsten ist. Aber man spürt auch die Kraft der Nächstenliebe.

In einem Psalm heißt es: „Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den größten Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht.“ In diesen kalten Tagen gilt mein Gebet den Menschen ohne Obdach; und mit großem Respekt denke ich an die Helfer.