Hallo Luther ist besser als Halloween!

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

30. Oktober 2008


Kennen Sie eigentlich den Globalisierungsirrläufer schlechthin? Falls nicht, dann können Sie diese zunehmend peinliche Angelegenheit am Freitag Abend erneut begutachten. Wie schon in den letzten Jahren wird wohl die Schar der jüngsten Konsumenten wieder in kleinen Gruppen von Tür zu Tür ziehen. Sie werden klingeln und automatenartig „Süßes oder Saures“ nuscheln.

Halloween ist ein Globalisierungsirrläufer, eine Lizenz zum Geldverschleudern und eine kulturelle Bankrotterklärung. Kostüme, Schminke und vor allem Süßigkeiten werden abgesetzt. Von den britischen Inseln schwappte der Brauch nach Amerika. Vor einigen Jahren kam das kommerziell getrimmte Produkt in einer amerikanisierten Form nach Europa zurück. Leider ist dieses Kindergruselritual absolut hohl. Es erinnert sehr an die Wertpapiere von Investmentbanken, die inzwischen Konkurs anmelden mussten. Auch die Halloween-Blase wird eines Tages platzen. Die Zeit ist reif für diese Einsicht – auch in Berlin. Wir brauchen eine neue Fest- und Feiertagskultur, die Orientierung gibt und Sinn stiftet.

Der Reformationstag ist das beste Beispiel dafür, dass ein Neuanfang jederzeit möglich ist. Im September des Jahres 1508, vor 500 Jahren also, kam Martin Luther erstmals nach Wittenberg. Es begann für ihn eine Zeit intensiver Studien. Sie führte zu einer Entdeckung, die Luthers Leben verändern und die moderne Welt entscheidend prägen sollte. Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte er seine 95 Thesen an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg.

Morgen feiern wir das Reformationsfest. Dieser Tag sollte in ganz Deutschland Feiertag werden. Die Erinnerung an Martin Luther kann dadurch an Kraft gewinnen. Sein zentrales Vermächtnis ist die Entdeckung der Barmherzigkeit Gottes. Durch sie wird der christliche Glaube zu einer Lebenshaltung, die von Gottvertrauen und Zuversicht geprägt ist. Die Bibel, von Martin Luther ins Deutsche übersetzt, gehört zu den Gründungsurkunden Europas. Auf diesem Fundament ruht unsere Gesellschaft.

Nach dem Jahrhundert der Diktaturen sind wir in ein Jahrhundert der Freiheit eingetreten; auf das Jahrhundert der Weltkriege folgt, so hoffen und beten wir, ein Jahrhundert der Verantwortung für Frieden und Zukunft. In diesen Wochen der Finanzmarktkrise spüren wir besonders deutlich: Pure Eigensucht ist keine tragfähige Lebenshaltung. Liebe zu sich selbst und Liebe zum Nächsten gehören zusammen. Deshalb gilt: Hallo Luther ist besser als Halloween!