Für Jung und Alt

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

18. September 2008


Noch vor sechs Jahren fühlte sich Anna einsam. Sie suchte Anschluss. Dann wagte sie den Umzug in eine ländliche Wohngemeinschaft. Heute sagt sie: „Endlich lebe ich ein sinnvolles Leben, weil ich dazu gehöre.“ Anna ist 87 Jahre alt.

Viele sehnen sich nach einem Leben in Gemeinschaft. Aus vielen Gesprächen weiß ich: Das gilt auch für Jüngere. Es muss freilich nicht auf dem Land sein. Berlinerinnen und Berliner wünschen sich so etwas nicht irgendwo „jotwede“, sondern mitten in unserer Stadt.

Seit dieser Woche gibt es dafür eine neue Perspektive. „Campus Daniel“ heißt die neue Adresse. An der Ecke Brandenburgische und Münstersche Straße in Wilmersdorf entsteht auf dem Gelände der evangelischen Daniel-Gemeinde ein Ort für das Miteinander der Generationen.

Die Angebote beim U-Bahnhof Konstanzer Straße umfassen ein Menschenleben: Kindertagesstätte, Hort, Evangelische Grundschule, Jugendarbeit, Familienbildungsstätte, Forum 50plus, Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz, dazu Open-Air-Fläche und Sporthalle. Man spürt es: Nicht ein Kampf der Generationen, sondern das gemeinsame Leben steht im Vordergrund. Noch prägen Beton und Grau das Bild. Doch schon bald werden 300 Schülerinnen und Schülern, 130 Kitakinder, viele Jugendliche und viele Alte das Gelände der Danielgemeinde mit Leben erfüllen.

Mit diesem Projekt wird ein Zeichen gesetzt. Denn oft genug kracht es zwischen Jung und Alt. Hier jedoch werden neue Bedingungen für das Zusammenleben geschaffen. Es wird nicht über die Vereinsamung der Gesellschaft gejammert. Es wird nicht darüber geklagt, dass die sozialen Bindungen ihre Kraft verlieren. Hier wird ein Generationenhaus geschaffen.

Einmütigkeit war schon immer ein Ziel des menschlichen Zusammenlebens. Von den frühen Christen heißt es, dass sie „einmütig beieinander waren“. Unsere Gesellschaft dagegen gilt als gespalten, kalt und egoistisch. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn auch heute ist etwas anderes möglich: Menschen kommen täglich zusammen. Sie leben miteinander. Sie helfen einander. Auseinandersetzungen gehören zu unserem Alltag. Wer gemeinsam dem Alltag standhält, kann auch Konflikte überstehen. Freude und Leid, Jubel und Trauer werden miteinander geteilt. Keiner ist allein.

Dafür brauchen wir ermutigende Beispiele. Der Campus Daniel gehört dazu. Ich wünsche diesem Vorhaben ein gutes Gelingen. Bis 2011 soll alles fertig sein. Aber unsere guten Wünsche sind schon jetzt angebracht. Und man kann ja einmal vorbeischauen. Ein gutes Wort hilft weiter.