Ansprache zur Einführung von Hans Ulrich Anke als juristischer Vizepräsident und Dine Fecht als Leiterin der Europaabteilung im Kirchenamt der EKD, Hannover

Wolfgang Huber

04. September 2008


Liebe Frau Fecht,

lieber Herr Anke,

dass zwei Personen in der Leitungsverantwortung des Kirchenamts der EKD zugleich in ihr Amt eingeführt werden, ist alles andere als selbstverständlich. Es ist freilich nicht das erste Mal. Aber es weist auf einen Wechsel, der immerhin ein Viertel des Kollegiums betrifft. Das ist ein gewichtiger Vorgang; ich bin dankbar, dass er von einer so großen Gemeinde begleitet wird.

Dass zwei evangelische Christen sich auf ein und dasselbe biblische Wort verständigen, ist auch nicht selbstverständlich. Selbst dann ist es bemerkenswert, wenn sie beide aus dem Dienst der hannoverschen Landeskirche in den Dienst der EKD wechseln. Denn auch dies verdient erwähnt zu werden. Auch für diese Art der Unterstützung ist die EKD, um es kurz und unterkühlt zu sagen, sehr dankbar.

Noch nicht erwähnt habe ich, dass wir heute eine Theologin und einen Juristen zusammen in ihre Leitungsämter einführen. Auch das geschieht nicht zum ersten Mal. Aber es ruft doch die Frage auf, wie gut Juristen und Theologen sich eigentlich in der Kirche vertragen. Luther hat dieses Verhältnis bekanntlich als einen „ewigen Hader und Kampf“ bezeichnet. Er hat ziemlich kräftig in die Saiten gegriffen, um das zu begründen:

Gleichwie das Gesetz und Gnade sich mit einander auch nicht vertragen, denn sie sind wider einander; also sind die Juristen und Theologen auch zwieträchtig, denn Eins will immer höher sein denn das Andere. Das ist aber die Ursache, dass die Juristen wollen haben, man soll ihre Dinge für das höchste halten. ... Darum ist's eine sonderliche Gnade, wenn ein Jurist soll ein guter Christ sein, da muss der heilige Geist sein.“

Aber selbst wenn wir in wenigen Wochen eine Luther-Dekade eröffnen: in allem braucht man dem Reformator nicht zu folgen. Liebe Schwester Fecht, lieber Bruder Anke, die Evangelische Kirche in Deutschland freut sich, dass Sie Martin Luther in diesem Punkt gemeinsam Paroli bieten. Dass dies ausgerechnet mit einem Zitat aus dem von Luther so geliebten Römerbrief geschieht, mag als eine besondere Fügung des göttlichen Geistes gelten. Denn Sie haben sich gemeinsam ein paulinisches Wort erbeten, das über Ihrer Einführung stehen soll. Es ist die Besinnung auf den Grund unseres Glaubens aus Römer 8, 14: „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ Gegenüber dieser gemeinsamen Bestimmung zur Gotteskindschaft tritt sogar der Unterschied zwischen Juristen und Theologen ins zweite Glied zurück. Von Gottes Geist, der bekanntlich weht, wo er will, können die einen wie die anderen ergriffen werden. Sicherheitshalber füge ich hinzu: Auch davon, dass das Wirken des Heiligen Geistes auf Theologen und Juristen beschränkt sei, ist der Heiligen Schrift nichts bekannt.

In den Dienst dieses Geistes stellen sich zwei Menschen, die dafür gute Voraussetzungen und Gaben mitbringen – Voraussetzungen und Gaben, die, wie gesagt, zuvor der Hannoverschen Landeskirche zu Gute kamen.

Sie, lieber Herr Anke, sind im Jahr des Jahrtausendwechsels in den Dienst des hannoverschen Landeskirchenamts gewechselt. Zuvor haben Sie als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Kirchenrecht in Halle gearbeitet. Dort wurden Sie auch mit einer Arbeit über die „Neubestimmung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den neuen Ländern durch Staatskirchenverträge“ promoviert.

Für Sie, liebe Frau Fecht, war der Weg nach Hannover etwas kürzer, nachdem – wenn ich das einmal so sagen darf – Sie aus dem Ostfriesischen gen Süden aufgebrochen waren. Als Pastorin innerhalb der Region Hannover, vom Nordufer das Steinhuder Meeres bis zur Martin-Luther-Gemeinde Ehlershausen-Ramlingen-Otze, war es von der Strecke her gesehen nur ein Katzensprung bis zur Direktorin im Haus kirchlicher Dienste – ein Amt, das Sie 1999 wahrgenommen haben. Aber dass Sie auf ihrem Weg auch auf prägende und prägnante Weise im Deutschen Evangelischen Kirchentag tätig waren, soll nicht vergessen werden. Dieses Amt hatten Sie seit 1999 inne. Das Büro der Leiterin der Europaabteilung im Kirchenamt der EKD verlangt nach einer Wurzel, von der aus Sie Wuchs und Blüte der ökumenischen Arbeit in Europa pflegen und gestalten.

„Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ Dem Treiben dieses göttlichen Geistes nachzuspüren, die Sehnsucht und den Wunsch danach zu stärken, Gottes Geist zu empfangen, dem Wehen des Geistes, „wo er will“ (Joh 3,8), nicht im Wege zu stehen, dies ist das gemeinsame Tun, dass Sie und dass uns alle in der Evangelischen Kirche in Deutschland miteinander verbindet. Der Glaube, der uns mit Gott verbindet, weist uns zueinander.

So soll Sie beide miteinander dieses Wort auf dem neuen Lebensabschnitt im Kirchenamt der EKD begleiten. Es soll verwurzeln und in die Weite führen. Es soll bei notwendig einsamen Entscheidungen vergewissern und die Gemeinschaft der evangelischen Kirche stärken. Es soll Juristen und Theologinnen, Juristinnen und Theologen gemeinsam mit allen anderen Professionen an den Grund weisen, der der Grund der Kirche ist: „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“