Olympia

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

07. August 2008


Morgen ist ein großer Tag für Peking. Die Olympischen Sommerspiele 2008 werden eröffnet. Ich kann mich noch gut an die Eröffnungsfeier für die Fußball-WM 2006 in München erinnern. Ich wurde förmlich mitgerissen von der Euphorie, die durch die Ränge und über das Land schwappte. Auch sonst hatte ich schon mit Großveranstaltungen zu tun und kann mich deshalb in die Lage der Verantwortlichen versetzen. Der Druck ist groß. Alle Vorbereitungen müssen abgeschlossen sein. Das Stadion wird hergerichtet, die Straßen werden gefegt, die Olympischen Ringe poliert. Dabei gilt Olympia als das Nonplusultra. Sicher wird es morgen eine große Show geben.

54 Athleten aus Berlin gehören zur Vertretung unseres Landes. Sie fiebern darauf, am olympischen Geist und am olympischen Traum teilzuhaben. Ihnen gilt heute mein besonderer Gruß. Berlin hat gute Chancen, dass manche von ihnen mit olympischen Medaillen zurückkommen. Britta Steffen, die Schwimmerin aus Neukölln, und der Diskuswerfer Robert Harting sind zwei Beispiele dafür. Aber wir Berlinerinnen und Berliner stehen nicht nur hinter den Medaillenanwärtern. Denn im Mittelpunkt von Olympia steht der Geist des fairen Sports. Die Teilnahme an den Spielen steht über Sieg oder Rekord. Der olympische Geist hat mit Zusammengehörigkeit, Völkerverständigung und Frieden zu tun. Auch für die Spiele in Peking muss das gelten.

Ob das gelingt, ist heute alles andere als sicher. Die Einschränkungen der Menschenrechte, die Internetzensur und der von Smog verdunkelte Himmel über Peking ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Zu Recht! Vom Beginn der Spiele an werden sportliche Leistungen stärker gewichtet. Und der olympische Rummel wird das Seine tun. Aber die kritische Diskussion darf darunter nicht erstickt werden.

Einige deutsche Athleten, unter ihnen auch die Potsdamerin Yvonne Bönisch, haben schon jetzt Konsequenzen gezogen. Sie wollen sich nicht für eine glanzvolle Selbstdarstellung der chinesischen Führung vereinnahmen lassen. Deshalb werden sie nicht an der Eröffnungsfeier teilnehmen. Sie demonstrieren den olympischen Geist der Freiheit. Sie folgen zugleich dem Geist, der aus der Weisung Jesu spricht: „Eure Rede sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Auch wer morgen vor der chinesischen Botschaft in Berlin an die Unteilbarkeit der Menschenrechte erinnert, trägt auf seine Weise zum Gelingen von Olympia bei. Denn die Spiele brauchen beides: den Glanz der olympischen Ringe und den Geist der Freiheit.