Die Frage nach Gott

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

27. Juni 2008


Der Humanistische Verband ist eine Vereinigung in Berlin, die eine Schule ohne Gott will. Ein Vertreter dieser Vereinigung vertrat diese Auffassung vor einiger Zeit bei einer Anhörung des Abgeordnetenhauses. Er hält es für ein besonderes Markenzeichen unserer Stadt, ohne die Frage nach Gott auszukommen. Es mag ja, so sagte er, „Regionen im Süden Deutschlands“ geben, in denen das anders ist. Aber in „einer aufgeklärten, liberalen und mehrheitlich säkular orientierten Stadt wie Berlin“ habe die Frage nach Gott in der Schule nichts verloren.

Man reibt sich die Augen! Soll denn die höchste Stufe der Menschheitsentwicklung die Ignoranz sein? Ist man dann „aufgeklärt“, „liberal“, „mehrheitlich säkular“?

Ist der Sinn eines staatlichen Ethikunterrichts, die Menschen von der Frage nach Gott zu befreien? Wie ein Schulfach Ethik unterrichtet werden soll, ohne diese Frage wenigstens zu stellen, bleibt eines der großen Geheimnisse aller „Pro-Ethik“-Befürworter. Denn in jeder Wertedebatte wird die Frage nach der Grundlage der Werte gestellt. Das gilt in der Philosophie genauso wie im Schulunterricht. Doch die Antwort des Glaubens braucht auch in der Schule einen eigenen Ort. Deshalb ist Religion als ordentliches Schulfach nötig.

Die Frage nach Gott stellt sich zu allen Zeiten. Aber gerade heute wird sie besonders deutlich. Schülerinnen und Schüler brauchen deshalb eine Kenntnis der Religionen; sie müssen Maßstäbe für ein eigenes Urteil finden. Die Frage nach Gott wird laut, wenn Menschen in Grenzsituationen des Lebens geraten. Sie stellt sich in allen Abschnitten unseres Lebens. Sie ist ein Thema des öffentlichen Gesprächs. Tageszeitungen titelten nach dem 9. September 2001: „Großer Gott, steh uns bei!“ Ähnlich war es beim Ökumenischen Kirchentag vor fünf Jahren in unserer Stadt. Er zog mehr Aufmerksamkeit auf sich als das Pokalendspiel. Daraufhin fand eine Zeitung die Schlagzeile: „1:0 für Gott“. Die Frage nach Gott ist ein persönliches, aber auch ein öffentliches Thema.

Auch Schülerinnen und Schüler haben ein Recht darauf, sich in der Frage nach Gott ein eigenes Urteil zu bilden. Dies gelingt nicht, wenn Religion aus dem Lehrplan heraus und in eine Parallelgesellschaft hinein gedrängt wird. Die Frage nach Gott hat einen ordentlichen Platz in der Berliner Schule verdient. Es passt nicht zu unserer Stadt, mit der Gottesfrage provinziell umzugehen.