Pfingsten und die Stadt

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

09. Mai 2008


Manche sehen in Berlin eine Hauptstadt des Atheismus. Andere wollen unsere Stadt dazu machen. Immer wieder artet die Auseinandersetzung um den Religionsunterricht in den Schulen Berlins deshalb in einen Kulturkampf aus. Dabei leben mehr als eine Million Christen und Hunderttausende Anhänger anderer Religionen in Berlin.

Auch heute wirkt Gottes Geist in Berlin. Er verändert unsere Stadt. Wer das bezweifelt, sollte sich an die Bewegung erinnern, die 1989 aus den Kirchen auf die Straßen getragen wurde. Mit Gebeten und Kerzen wurde der Geist der Unfreiheit und des Kalten Krieges überwunden.

Martin-Michael Passauer war im Herbst 1989 dabei, als die Kirchenräume für die Friedensgebete zu klein wurden. Pfarrer Passauer erlebte die brutalen Übergriffe von Polizei und Staatssicherheit. Zum Beispiel bei den Demonstrationen vor der Gethsemane-Kirche. Die Demonstranten hielten am Vertrauen auf Gott fest. Sie folgten der Parole: „Keine Gewalt!“

Im Auftrag des Deutschen Bundestags arbeitete Passauer später daran mit, die Folgen der SED-Diktatur aufzuklären. Seit 1996 wirkte er als Generalsuperintendent für Berlin. Ein zentrales kirchliches Amt nahm er für unsere Stadt wahr. Er brachte Menschen aus Ost und West zusammen. Viele hörten ihm zu, wenn er in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und an anderen Orten predigte. An Pfingsten tritt er in den Ruhestand.

Zum Pfingstfest gehört die Freude darüber, dass Gott unser Leben erneuert, beseelt und begeistert. Es gibt Menschen, die strahlen diese Freude auf besonders starke Weise aus. Deshalb schuldet ganz Berlin dem scheidenden Generalsuperintendenten großen Dank.

Dieser Dank wird am Pfingstsonntag um 14:00 Uhr in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ausgesprochen. Zugleich werde ich den neuen Generalsuperintendenten in sein Amt einführen. Der sechsundvierzigjährige Ralf Meister stammt aus Hamburg. Zuletzt war er als Propst in Lübeck tätig. Seine reichen Erfahrungen wird er nun in unserer Stadt einbringen. Die Berlinerinnen und Berliner können sich auf den Neuen freuen.

Am ersten Pfingstfest erlebten die in Jerusalem versammelten Menschen ein Wunder der Begeisterung. Sie gehörten verschiedenen Nationen an und hatten unterschiedliche Sprachen. Aber Gottes Geist bewirkte, dass sie einander verstanden. Jahr für Jahr bitten Christen an Pfingsten um eine Erneuerung der Kirche. Sie bitten darum, dass der Geist Gottes zwischen Menschen verschiedener Herkunft Frieden schafft.

„O komm du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein!“ So werden wir am Pfingstsonntag singen. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern, dass sie Gottes guten Geist spüren. Lassen Sie sich durch Kulturkämpfer darin nicht irre machen! Also: Gesegnete Pfingsten!