Ostern 2008

Wolfgang Huber - Berliner Morgenpost

24. März 2008


„Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden.“ Der Osterruf der frühen Christen hallt ungebrochen in unsere heutige Welt. Auf allen Kontinenten feiern Christen das Osterfest. Was sie an Schrecken oder persönlichen Schicksalsschlägen erlebt haben, nehmen sie in die Gewissheit hinein, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Deshalb sind sie von einer Hoffnung bestimmt, die größer als Angst und Verzweiflung. Immer wieder entfaltet der Osterruf eine befreiende und überwältigende Kraft.


Heute denken manche, zur Überwindung des Todes seien wir nicht auf Gott angewiesen, der moderne Mensch könne das selber. Zwei Zweige der Medizin entwickeln deshalb eine besondere Faszinationskraft. Die Reproduktionsmedizin soll menschliches Leben künstlich zu Stande bringen. Und die regenerative Medizin soll den Tod hinausschieben und eines Tages ganz überwinden. Unsterblichkeit – ein käufliches Produkt, von Menschen hergestellt, einstweilen allerdings noch nicht ganz fertig und vermutlich für die meisten unerschwinglich.


Ich glaube nicht daran, dass die Medizin eines Tages unsere Sterblichkeit überwindet. Der Tod gehört zu unserem Menschsein. Mitten im Leben tritt er uns entgegen. Wer ihn verdrängt, verabschiedet sich von der Wirklichkeit.


Österliche Menschen haben einen anderen Zugang. Sie leugnen nicht, dass jeder Mensch sterblich ist. Sie glauben auch nicht an die Seelenwanderung. Sondern sie glauben an die Überwindung des Todes. Der Ostertag hat dem Tod das Rückgrat gebrochen. Es gibt ihn noch; aber er ist nicht die bestimmende Autorität. Sie liegt bei Gott, der den Tod überwindet.

Ostern ermutigt dazu, sich der eigenen Endlichkeit zu stellen. Denn unser begrenztes Leben steht unter einer Verheißung, die am Tod nicht zerbricht. Die Hoffnung über den Tod hinaus bestimmt den Wert unseres endlichen und sterblichen Lebens. Es erscheint in dieser Perspektive als ein kostbares Geschenk, dem mit Achtung zu begegnen ist.


Vielfältig sind die Konsequenzen aus einer solchen Sichtweise. Das Licht der Auferstehungsbotschaft leuchtet auch für Menschen, die in einer schweren Krankheit der Verzweiflung nahe sind. Es leuchtet für Menschen, die mit Minilöhnen weder sich selbst noch ihre Familie ernähren können, oder die als Hartz IV-Empfänger das Gefühl haben, ihr Leben sei nichts mehr wert. Es leuchtet aber ebenso für die Christen im Irak, denen es – Gott sei’s geklagt –  heute weit schlechter geht als selbst zu Zeiten des Diktators Saddam Hussein. Es leuchtet für die Tibeter, die aufbegehren, weil sie um ihre kulturelle Identität fürchten; mit brutaler Gewalt werden sie zurückgeschlagen.


Ostern ist das Fest des Lebens. Der gekreuzigte Jesus bleibt nicht im Tod. Gott nimmt ihn zu sich auf. Der Tod behält nicht das letzte Wort; Jesus lässt ihn hinter sich. Mit der Auferstehung Jesu ist die Macht des Todes durchbrochen. „Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden.“
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Osterfest.