Sieben Wochen ohne Geiz

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

08. Februar 2008


Mit dem Aschermittwoch hat die Fastenzeit begonnen. Fasten steht wieder hoch im Kurs. Manche geben sogar viel Geld dafür aus, weniger zu essen als sonst. Um auf Alkohol oder das Rauchen zu verzichten, brauchen manche sogar eine Entwöhnungskur. Der Verzicht kann eine heilsame Wirkung haben. Deshalb findet auch die Fastenzeit wieder mehr Beachtung. Heute ist der dritte Tag. Am Ostersonntag endet sie.

Vertragen sich Fasten und Verschwendung? Diese Frage ist mir vor kurzem entgegengetreten. Wer fastet, der verzichtet. Und wer verschwendet, hält sich doch gerade nicht zurück. Er lebt in Saus und Braus. Oder er verschwendet, was er hat, für andere. Er gibt, verteilt, verschenkt.

Im christlichen Verständnis ist Fasten kein Selbstzweck. Es ist auch mehr als eine gesundheitliche Übung. Es geht darum, sich auf das Wesentliche zu besinnen. In den sieben Wochen vor Ostern spüren Christen dem Leidensweg Jesu nach. Um dafür ein Zeichen zu setzen, verzichten sie bewusst auf etwas, was ihnen sonst wichtig ist. Doch Christen sind keine Geizhälse. Sie fasten nicht, um etwa hinterher mehr auf dem Konto zu haben. Eine Fastenaktion ist keine Sparaktion. Trotzdem ist die Parole für dieses Jahr verblüffend. „Verschwendung – 7 Wochen ohne Geiz“.

So hat die evangelische Kirche ihre Fastenaktion 2008 genannt. Das klingt wie ein Aufruf zum Prassen und Schlemmen. Gemeint ist jedoch ein Widerspruch gegen die Geiz-Kultur. Die kennen wir nur allzu gut. Mit „Geiz ist geil“ hat vor einiger Zeit ein großer Elektronikmarkt geworben. Ich fand diesen Slogan von Anfang an skandalös. Denn wahr ist: Geiz macht einsam. Wer immer nur für sich rafft, verliert den Nachbarn aus dem Blick. Wer sich nur um sich selbst kümmert, steht bald alleine da.

Das merken immer mehr Menschen. Sie halten nichts vom Geiz. Sie suchen die Anerkennung und das klare Wort des Nächsten. Und sie sind bereit, etwas für ihn zu tun. Wenn in der Fastenzeit Verschwendung angeraten wird, braucht man nicht nur das Geld im Sinn zu haben, das man großzügig einsetzt. Auch an einen großzügigen Umgang mit der Zeit ist zu denken. Mehr Muße mit den eigenen Kinder! Ein offenes Ohr für die Eltern! Großzügig verschwendete Zeit für den Nachbarn, der Hilfe braucht! All das rechnet sich nicht; es wird sich trotzdem lohnen.

Die Dichterin Ricarda Huch hat es einmal auf den Punkt gebracht: „Liebe ist das einzige, was wächst, indem wir es verschwenden.“ Eine gute Idee, nicht nur für die nächsten sieben Wochen.

Evangelische Fastenaktion "Sieben Wochen Ohne"