Die Mehrheit der Berliner fordert gleichberechtigen Religionsunterricht

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

01. Februar 2008


Berlinerinnen und Berliner sprechen sich für ein Schulfach Religion aus. Eine deutliche Mehrheit tritt dafür ein, dass Schülerinnen und Schüler frei zwischen dem staatlichen Ethikunterricht und dem Fach Religion in Verantwortung der Kirchen wählen können. Besonders bemerkenswert: Drei Viertel der Schülerinnen und Schüler selbst wollen es so. Eine neue Forsa-Umfrage bestätigt diese Ergebnisse zum wiederholten Mal.

Heute ist der Religionsunterricht vom siebten Schuljahr an ein zusätzliches Angebot. An manchen Schulen kann er gar nicht erteilt werden. An anderen wird dafür oft die nullte oder die neunte Stunde in Anspruch genommen. Von Gleichberechtigung kann da keine Rede sein. Der Ethikunterricht ist hingegen als Pflichtfach in den Stundenplan integriert.

39.000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative ProReli gesammelt. Sie zeigen, dass es in Berlin kein staatliches Monopol auf die Vermittlung von Werten geben darf. Das erste Ziel des Volksbegehrens ist erreicht. Nun muss das Abgeordnetenhaus entscheiden. Es ist eine Stärke der Demokratie, dass als falsch erkannte Entscheidungen korrigiert werden können. Wenn die Abgeordneten ihre Wähler vertreten wollen, sollten sie jetzt handeln.

Die Berlinerinnen und Berliner haben erkannt: Religiöse Kompetenz ist wichtig. Sie ist unentbehrlich für jeden einzelnen. Und sie wird gebraucht, damit das Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen und Weltanschauungen gelingt. Man muss die Sprache einer Religion gelernt haben, wenn man auch andere Religionen verstehen will. Nur so entsteht wirkliche Toleranz. In einer Fächergruppe könnten Kinder und Jugendliche wählen, ob sie am christlichen Religionsunterricht teilnehmen, jüdischen oder islamischen Unterricht besuchen oder sich für den staatlichen Ethikunterricht entscheiden wollen.

Vor allem die Integration muslimischer Schülerinnen und Schüler ist bisher nicht überzeugend geregelt. Islamischer Religionsunterricht, wo es ihn gibt, muss bisher nicht auf Deutsch erteilt werden. Die Lehrpläne sind nicht abgestimmt. Eine staatliche Aufsicht findet nicht statt. Ein islamischer Religionsunterricht, der mit anderen Unterrichtsfächern vergleichbar wäre, könnte die Entwicklung eines aufgeklärten Islam in unserer Stadt entscheidend fördern.

Viele Religionen kennen die Einsicht, die das Alte Testament so formuliert: „Der Weisheit Anfang ist die Furcht des Herrn, und den Heiligen erkennen, das ist Verstand.“ Auch in den Berliner Schulen sollte diese Einsicht einen gleichberechtigten Raum erhalten.