Erziehungslager

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

18. Januar 2008


Wahlkampf hin oder her – Jugendgewalt ist ein ernstes Thema. Beunruhigend sind vor allem Intensivtäter, die vor nichts zurückscheuen. Beunruhigend ist auch, wenn sie keine klare Reaktion erfahren.

Wenn man sich mit Jugendgewalt beschäftigt, sollte man Jugendliche selbst fragen. Ich komme dabei zu einem eindeutigen Ergebnis. Jugendliche erwarten heute klare Regeln und konsequentes Handeln. Sie erwarten aber auch Respekt vor ihrer eigenen Würde und Wahrung ihrer Freiheit. Ich glaube: Mit beidem haben sie Recht.

Das staatliche Recht soll Orientierung geben; deshalb muss es klar angewandt werden. Gewalt ist ein Tabu. Dieses Tabu muss auch mit den Mitteln des Rechts eingeschärft werden. Nur muss man wissen: Intensivtäter erreicht man auch mit staatlicher Strafe nur schwer. Nur wenige von ihnen kommen besser aus dem Gefängnis heraus, als sie hineingegangen sind. Wenn sie sich ändern sollen, ist mehr erforderlich. Wenn sie umdenken sollen, brauchen sie Vorbilder. Zu den Grenzen, die man ihnen setzt, muss die Erfahrung hinzukommen, dass sie akzeptiert sind.

Vor allem junge Männer neigen zur Gewalt. Schon in der biblischen Geschichte über den Brudermord von Kain an Abel wird diese beunruhigende männliche Gewaltbereitschaft beschrieben. Sie zu bändigen, ist eine zentrale Aufgabe der Erziehung. Sie muss vor allem in der Familie wahrgenommen werden. Kein Strafrecht kann ersetzen, was hier versäumt wurde. Niemand kann sich durch die Berufung auf den Staat seiner Verantwortung entziehen.

„Erziehungslager“ werden jetzt gefordert. Es gibt sie, aber in zu geringer Zahl. „Menschen statt Mauern“ heißt das Motto einer Einrichtung im Norden Brandenburgs. Sie wird vom Evangelischen Jugendfürsorgewerk-Lazarus getragen. Vierzehn- bis siebzehnjährige Jugendliche werden zwischen Anklage und Hauptverhandlung dort aufgenommen. Eine Alternative zur Untersuchungshaft. Die „schweren Jungs“ von Frostenwalde sind schwerer Straftaten angeklagt: schwerer Diebstahl, Sexualdelikte, versuchter Mord.

Das Leben in Frostenwalde ist kein Zuckerschlecken. Weder für die Mitarbeiter noch für die Jugendlichen. Fehlt bei den jungen Straftätern die Bereitschaft zur Mitarbeit, werden sie sofort wieder in die U-Haft geschickt. Diejenigen, die durchhalten, kommen mehrheitlich mit dem Gesetz nicht wieder in Konflikt. Sie lernen dazu. Und darauf kommt es an.

Viele Fehlentwicklungen haben ihre Ursache in der frühesten Jugend. Aber das ist kein Grund dazu, Jugendliche von vornherein aufzugeben. Sie sollen lernen, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Die Verschärfung des Strafrechts reicht dafür nicht.