Reformationstag

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

26. Oktober 2007


Ich lebe gern in Berlin. Denn in unserer Stadt lässt sich gut leben.  Doch im Oktober überfällt mich jedes Mal die Wehmut. Am 31. Oktober wäre ich lieber Bürger Brandenburgs. Denn Brandenburg achtet den Reformationstag; er ist als arbeitsfreier Feiertag gesetzlich geschützt. Die Berlinerinnen und Berliner müssen dagegen an diesem Tag arbeiten.

Manche Geschäfte in Berlin versprechen sich einen Vorteil davon. Denn manche Brandenburger fahren an diesem Tag zum Shoppen in die Hauptstadt. Berliner Schüler trifft man dagegen in stattlicher Anzahl in den Reformationsgottesdiensten. Wäre der Tag arbeitsfrei, könnten das alle machen. Ich finde es nicht richtig, dass dieser Tag in unserer Stadt unter „ferner liefen“ rangiert. Es ist ein wichtiger Tag. Sogar in Chile ist er übrigens vor kurzem zum staatlichen Feiertag erklärt worden.

Wir erinnern uns: Als Papst Leo X. vor 500 Jahren den Petersdom bauen ließ, brauchte er viel Geld. Um an dieses Geld zu kommen, schien fast jedes Mittel recht zu sein. Die Ablasshändler schwärmten aus. Sie schürten die Ängste der Menschen. Ein besonderer Trick war die Aufforderung, die verstorbenen Eltern mit einem Ablassschein aus dem Fegefeuer freizukaufen. „Sobald dass Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“

Albrecht von Brandenburg war damals gleichzeitig Bischof von Magdeburg, Halberstadt und Mainz. Ihm kam das lukrative Geschäft gerade recht. 50 Prozent von dem in Deutschland eingetriebenen Ablass gehörten ihm.

In Wittenberg erhob Martin Luther seine Stimme gegen das Buß-Business. Im Namen Jesu Christi protestierte er gegen diese absurde Mechanik des Heils. Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte er seine 95 Thesen über die Buße. Er wollte die Kirche zu ihrem Ursprung rufen. Doch Rom verweigerte sich der Erneuerung. Auch durch die Androhung des päpstlichen Banns ließ Luther sich nicht von seinen Überzeugungen abbringen. Dafür sei Gott gedankt. Was wahr ist, muss auch gesagt werden dürfen. Viele erinnern sich an Luthers Sätze: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.“

Luthers Tat findet viel Beachtung. In Wittenberg wird am Reformationstag ein großes Volksfest gefeiert. Landauf, landab finden am Vormittag Gottesdienste statt. Und am Abend noch dazu. Unter den 750.000 evangelischen Christen in Berlin würden viele gern am Vormittag einen Gottesdienst besuchen. Denn auch in Berlin wissen wir einen solchen Feiertag zu gestalten. Man muss uns nur lassen!