Schmude zuversichtlich über EKD-Zusammenarbeit mit Spitzenverband der Muslime

Interview mit dem DeutschlandRadio

31. Mai 2007


Moderation: Marie Sagenschneider

Nach dem Treffen der EKD mit dem Spitzenverband der Muslime hat sich Jürgen Schmude, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Islam bei der EKD, optimistisch über eine weitere Zusammenarbeit der Vertreter beider Seiten gezeigt. Zwar sei man nicht über einen Austausch von Ansichten hinaus gekommen, aber man bleibe im Gespräch, sagte Schmude.

Marie Sagenschneider: Klarheit und gute Nachbarschaft - so hat die EKD, die Evangelische Kirche Deutschlands, ein Papier überschrieben, das im vergangenen November veröffentlicht worden war und in dem skizziert wird, in welchen Bahnen der Kontakt zu Muslimen möglich sein kann. Ein Papier, das bei muslimischen Verbänden gar nicht gut ankam. Sie warfen der EKD vor, sich auf ihre Kosten profilieren zu wollen und mehr noch, Angstmacherei zu betreiben, und sagten ein schon geplantes Treffen im Februar ab. Gestern Abend allerdings wurde der Dialog, der vor zwei Jahren begonnen hat, wieder aufgenommen. Bei einem Spitzengespräch zwischen der EKD und dem gerade neu gebildeten Koordinierungsrat der Muslime sollte ausgelotet werden, ob die Differenzen beigelegt werden können. Mit dabei war auch Jürgen Schmude, er war 18 Jahre lang Präses der EKD-Synode bis 2003, er ist Vorsitzender EKD-Arbeitsgruppe Islam und hat das umstrittene Papier mit verfasst. Guten Morgen, Herr Schmude.

Jürgen Schmude: Guten Morgen, Frau Sagenschneider.

Sagenschneider: In wie weit hat es denn eine Annäherung gegeben, oder konnte es überhaupt eine Annäherung geben?

Schmude: Eine regelrechte Annäherung konnte es bei diesem Gespräch noch nicht geben. Es ging um den Austausch von Argumenten und Gesichtspunkten und darum, dass wir Gelegenheit hatten, der muslimischen Seite zu erklären, warum wir kritische Fragen stellen und wie begründet sie sind. Das wollte man ja vorher nicht so richtig sehen und hat deshalb eine grimmige Stellungnahme verfasst. Gestern ging das alles recht sachlich zu, und es ließ sich auch klarmachen, dass durchaus noch eine ganze Reihe von Dingen zu klären sind im Verhältnis von Christen und Muslimen in Deutschland.

Sagenschneider: Das heißt, der Erfolg besteht erstmal darin, dass der Dialog überhaupt fortgesetzt wird, oder konnten bestimmte Punkte wirklich auch schon geklärt werden?

Schmude: Da bin ich vorsichtig mit der Klärung. Der (…) war es ein Austausch von Ansichten. Wichtig ist, dass die muslimische Seite uns mehrfach versichert hat, sie sehen das Erfordernis, noch Dinge auf ihrer Seite klar zu stellen und bestimmte Äußerungen noch dazu zu bringen zu dem, was bisher vorliegt. Das sehen sie durchaus und werden das auch tun. Richtig ist, ein wesentliches Ergebnis ist, man bleibt im Gespräch, es gibt weitere Bemühungen um gemeinsame Arbeitspunkte. Das ist schon mal ganz gut, wenn der Ton etwas rauer ist, dass man das wieder klärt.

Sagenschneider: Die Muslimverbände hatten ja reichlich Kritik geübt an dem Papier. Sie hatten der EKD unter anderem unterstellt, den Islam ja sozusagen als Religion zweiter Klasse zu sehen, der missioniert werden muss, und dass die extremistischen Positionen, die es im Islam ja auch gibt, zu verallgemeinern. Ist das Papier hier tatsächlich zu undifferenziert?

Schmude: Wir hatten darum gebeten, uns ganz genau zu sagen, was sie denn meinen, und wir haben unsere Positionen erläutert. Es ist nicht so, dass das Papier pauschaliert, also dass die Erklärung der evangelischen Kirche sagt, sie sind alle gleich. Im Gegenteil, es gibt eine ganze Fülle von positiven Würdigungen von Verhalten von Muslimen und muslimischen Gruppen. Es gibt positive Aussagen über die gute Nachbarschaft zwischen Christen und Muslimen. Das hat man da alles ignoriert und sich an den kritischen Fragen abgearbeitet. Das kann man ja manchmal verstehen, so sind die Menschen, aber das ist nicht alles.

Sagenschneider: Wenn man, Herr Schmude, Ihr Papier liest, dann hat man schon den Eindruck, dass es doch auch geprägt ist von Unsicherheiten auf Seiten der EKD. Es wirkt so, als müssten Sie sich da zum Teil erst vorsichtig an das Thema herantasten und wüssten es oft auch nicht so richtig einzuschätzen.

Schmude: Das hat mit dem Partner zu tun. Es ist eben nicht ein Partner, es sind sehr viele verschiedene Gruppen, darunter einige Hauptgruppen. Es gibt die Unsicherheit, für wie viele Muslime sie wirklich sprechen, es gibt die Unsicherheit, welches nun ihr letzter Stand zu den kritischen Fragen ist. In manchem sind sie in der Praxis weiter als sie es aussprechen, mit Rücksicht auf unterschiedliche Meinungen. Kurz, man nimmt die Unterschiedlichkeit auf muslimischer Seite war. Und da kann man daraus sich einen Block machen und sie alle gleich behandeln.

Sagenschneider: Was würden Sie denn sagen, sind die wichtigsten Aspekte, über die Sie Klarheit gewinnen wollen im Dialog mit den Muslimen?

Schmude: Wichtige Aspekte sind die Fragen, wie haltet ihr es mit dem Verhältnis zwischen Muslimen und Demokratie, Islam und demokratischer, säkularer Staat, wo also Religion und Politik strikt getrennt sind. Wie haltet ihr es mit der Gleichberechtigung der Frauen, denn an dieser Stelle wollen wir keinerlei Konzessionen machen. Wie haltet ihr es mit euren Ansprüchen, ihr wollt Religionsunterricht und Körperschaft öffentlichen Rechtes bekommen, und gleichzeitig sind die Voraussetzungen nicht klar, die ihr dazu bringen müsst.

Sagenschneider: Und was wurde da gestern auf Seiten der Muslimen zu gesagt?

Schmude: Auf Seiten der Muslime wurde zugesagt, dass man zu diesen Fragen, die ja veranlasst sind, und das haben wir deutlich machen können, weitere Stellungnahmen abgeben wird. Außerdem haben wir verabredet, dass wir miteinander prüfen, wie wir praktische Projekte gemeinsam bearbeiten können, auch unter Nutzung der vorhandenen Gesprächskreise, die es schon gibt und die daran arbeiten. Und schließlich, es gibt ein neues Gespräch in einem Jahr. Also, der Dialog zwischen Evangelischer Kirche und Muslimen wird fortgesetzt. Die gute Nachbarschaft hat jedenfalls ihren Rahmen in den Gesprächen.

Sagenschneider: Hat eigentlich die Gründung des Koordinierungsrates der Muslime den Dialog leichter gemacht oder eher erschwert, weil da jetzt sozusagen so ein Block sitzt?

Schmude: Eher erleichtert, denn die Notwendigkeit, dass Muslime sich zusammenfinden und dass sie sagen, was sie wollen, nicht nur für einen oder zwei, sondern für eine größere Gruppe, besteht seit langem. Man kann ihnen nicht vorschreiben, wie sie es machen, aber dass sie sich nun zusammenfinden und dass sie sich auch um eine gemeinsame Haltung bemühen, ist positiv. Dass das Bemühen nur langsam Früchte trägt, steht auf einem anderen Blatt.

Sagenschneider: Es gab ja von Seiten der Muslime den Vorschlag, aus dem Dialog auch einen Trialog zu machen, also Christen, Muslime, Juden. Wird das jetzt ernsthaft in Erwägung gezogen, oder hieße das, den zweiten vor dem ersten Schritt machen? Denn im Verhältnis zwischen Christen und Muslimen, Sie haben es ja gerade geschildert, da gibt es ja noch viele offene Fragen.

Schmude: Es gibt auch offene Fragen bei den Juden dazu, ob man sie wirklich in einen solchen Trialog hineinbeziehen kann. Es gibt Unterschiede in den Verhältnissen der christlichen Kirche zu den Juden auf der einen und zu den Muslimen auf der anderen Seite. Kurz, dieses Vorhaben ist angesprochen worden, man hat darauf verwiesen, dass es entsprechende Gesprächskreise schon gibt, aber die große Veränderung des Dialogs zum Trialog, dazu ist jetzt nicht die Zeit. Da muss aus dem Dialog noch sehr viel mehr werden.

Sagenschneider: Herr Schmude, ich danke Ihnen. Jürgen Schmude war das, er ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Islam bei der EKD, der Evangelischen Kirche Deutschlands.

Quelle: DeutschlandRadio vom 31. Mai 2007