Adventssonntage

Wolfgang Huber - Kolumne in der BZ

01. Dezember 2006


„Alles hat seine Zeit“, heißt es beim Prediger Salomo. An diesem Sonntag feiern wir den Ersten Advent. Die Zeit der Vorfreude beginnt; sie richtet sich auf das Fest der Geburt Jesu. Das ist eine Zeit des Innehaltens und der Vorbereitung darauf, dass Gott Mensch wird. Anders als in den Jahren zuvor werden übermorgen in Berlin und Brandenburg die Geschäfte öffnen, zum ersten Mal an einem Adventssonntag. Das Berliner Abgeordnetenhaus und der Brandenburger Landtag haben die Ladenöffnungszeiten nicht nur während der Woche freigegeben, sondern auch den Sonntagsverkauf ermöglicht. Bei dieser neuen Regelung wird die Adventszeit vor allem unter das Vorzeichen von Konsum und Kommerz gerückt. Unbegrenzte Einkaufsmöglichkeiten winken. Die Pflicht zum Schutz des Sonntags blieb ebenso unberücksichtigt wie die zusätzliche Belastung  der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelhandel.

 Ich persönlich schenke gern, ganz besonders zu Weihnachten. Aber der Advent bedeutet mehr als nur eine Zeit, in der für den Einzelhandel Umsatzrekorde winken. Der Rhythmus des Jahres und der Woche gibt uns Orientierung. Deshalb stellt unser Grundgesetz die Sonntage und die Feiertage unter besonderen Schutz. Denn ohne Sonntage gibt es nur noch Werktage. Fällt der feste freie Tag fort, wird es immer schwerer, Zeit gemeinsam mit der Familien zu verbringen oder den Advent  als besondere Zeit zu erleben. In Berlin muss zwar im Advent niemand an mehr als an zwei Sonntagen im Einzelhandel arbeiten. Doch auch das sind zwei Sonntage zu viel. Auch so geraten die Familien unter den wachsenden Druck wirtschaftlicher Zwänge.

Die Adventssonntage werden, in einer ohnehin schon unruhigen Zeit,  als Ruhepunkte gebraucht, als Gelegenheiten zum Innehalten und Aufatmen, als Freiraum, um Freunde zu treffen oder mit der Familie zusammen zu sein.

Die reichhaltigen Gottesdienste, die wunderbaren  kirchenmusikalischen Angebote oder  anderen adventlichen Veranstaltungen in den Kirchen zu erleben, kann eine Hilfe dabei sein, das Geheimnis des Advents zu bewahren. Das Einkaufen an Sonntagen ist dagegen verzichtbar. Mit dem Einkauf von Weihnachtsgeschenken wollen wir den Sinn dieser Zeit ja nicht zerstören. Unsere Geschenke sollen doch Zeichen der Freude über Weihnachten sein; deshalb wollen wir mit ihnen anderen eine Freude bereiten.

Beim Apostel Paulus findet sich der kluge Satz: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.“ Mein Vorschlag: Machen Sie von Ihrer Freiheit Gebrauch, an den Adventssonntagen nicht einkaufen zu gehen!