Hinführung zum Segen im Ökumenischen Gottesdienst anlässlich der Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft im Liebfrauendom in München

Karl Lehmann

09. Juni 2006


"Seit vielen Jahren ist dieser Tag vorbereitet worden. Hunderttausende haben dafür mit großem Einsatz Sorge getragen. Viele sind froh, dass die Spiele nun beginnen können. Jetzt möchten die Leute einen guten Fußball sehen. Wir haben heute am Tag der Eröffnung unsere Gebete und Bitten zu Gott zur Sprache gebracht. Da wir wissen, dass wir vieles trotz aller Planung und Machbarkeit letztlich nicht selbst in der Hand haben, brauchen wir den Segen Gottes. Er soll allem, was wir tun können, vorausgehen und das Ganze gelingen lassen. An Gottes Segen ist alles gelegen, sagt eine alte Volksweisheit.

Zum Sport gehört seit alter Zeit das Messen der Kräfte. Wir freuen uns an der schöpferischen Kraft und der flinken Bewegung im Spiel. Der Sport soll auch immer die Gesundheit des Menschen stützen. Dies alles betrifft nicht nur den einzelnen Sportler. Es braucht viel Übung und auch manchen Verzicht für ein gutes Zusammenspiel in der Mannschaft. Im Sport können wir spielerisch, während es sonst eher sehr mühsam ist, Kooperation und Teamgeist lernen, die wir auch sonst im Leben brauchen. Zum Sport gehört der Wettbewerb der Einzelnen, der Nationen und der Kontinente. Wir alle hoffen jedoch, dass die Freude am Fußballspiel, die Erfahrung der Zusammengehörigkeit als Schwestern und Brüder und ein Blick auf die Einheit der Menschen stärker sind als alle nationalistischen Verführungen. Wir wünschen alle, dass darum der Wettbewerb die Regeln der Achtung und der Rücksicht sowie die unantastbare Würde jedes Menschen nicht verletzt und in diesem Sinne Fairness das oberste Gebot bleibt. So kann die Fußball-Weltmeisterschaft ähnlich wie die Olympischen Spiele dazu beitragen, dass das Band um die Völker und Nationen, Sprachen und Religionen,  Kulturen und Rassen uns enger zusammenschließt und uns gemeinsam stärkt, Armut, Hunger, Krankheiten und Unwissenheit auf der Erde wirksam zu bekämpfen.

Wir Menschen haben für diese Erwartungen und Hoffnungen sichtbare Zeichen, die uns daran erinnern. Sie haben eine eigene Sprache. Wir werden gleich das Licht von der Osterkerze holen und die Friedenskerze entzünden. Ostern schenkt uns in allen Situationen das Licht des Lebens. Jesus Christus ist für alle Menschen gestorben und ruft uns zur weltweiten Versöhnung und zum Einsatz für den Frieden auf. Die Friedenskerze steht neben dem Globus, denn niemand auf der Welt soll von unserer Hoffnung für alle ausgeschlossen werden. Der Ölzweig im Zusammenhang mit der Friedenskerze erinnert uns in vielen Religionen, besonders im Koran und in der Bibel, an den Segen Gottes, der in diesem Symbol umfassenden Friedens gebührenden Ausdruck findet. Die Friedenskerze soll die ganze Zeit der Weltmeisterschaft über brennen und uns auch nach den Spielen in lebendiger Erinnerung bleiben.

Dazu wollen wir den Segen Gottes erbitten. Mit dem Psalmisten sprechen wir dankbar dazu: „Ich will Dich vor den Völkern preisen, Herr, Dir vor den Nationen lobsingen. Denn Deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, Deine Treue, so weit die Wolken ziehn. Erheb Dich über die Himmel, o Gott; Deine Herrlichkeit erscheine über der ganzen Erde.“ (57,10-12)."