„Tal der Wölfe“

Kolumne in der B.Z. von Bischof Dr. Wolfgang Huber

10. März 2006


Warum erregt ein Film so viel Aufsehen, der aus der Türkei stammt und auch in Deutschland nur mit türkischen Untertiteln zu sehen ist? Offenbar, weil sich viele Türken mit ihm identifizieren können. Er erlaubt einen Blick in die Seele türkischer Männer. Rechtfertigt das alles?

„Tal der Wölfe“ heißt dieser Film. Es geht in ihm um die Verschleppung türkischer Soldaten durch amerikanische Elitetruppen im Nordirak. Ein türkischer "Rambo" rächt sich an den Amerikanern. Er vertreibt die Christen und eint die muslimische Welt. Der Irak-Konflikt wird als Religionskrieg dargestellt. So werden Vorurteile geschürt – gegen Juden und Christen, gegen Amerikaner und gegen die ganze westliche Welt. Meine Meinung dazu: Die Bildkraft eines Films darf nicht eingesetzt werden, um Vorurteile zu wecken oder zu verstärken. Das gilt für Vorurteile gegen den Westen und das Christentum genauso wie für Vorurteile gegen den Islam.

Der Vertreter des „Westens“ wird in diesem Film als ein psychisch gestörter Mann in der Uniform eines amerikanischen Generals dargestellt. Unter dem kitschigen Bild des Abendmahls Jesu bekommt er Lust, Frauen und Kinder zu erschießen. Mordlust unter einem Bild Jesu: das ist ein verletzender Angriff auf den christlichen Glauben.
Filme, wo immer sie produziert werden, dürfen nicht zu solchen Schmähungen benutzt werden. Und es geht nicht an, dass die ganze Welt über Karikaturen des Propheten Mohammed diskutiert und gleichzeitig das Christentum verunglimpft wird, ohne dass jemand sich darüber aufregt. Die Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle muss auf allen Seiten gleich sein.

Das Bild des Films ist eindeutig: Als unmoralisch, wirtschaftstaumelig und aggressiv soll die jüdisch-christliche Welt erscheinen. Das liegt daneben – trotz Abu Ghraib. Genauso unangemessen ist natürlich ein Bild des Islam, das sich allein aus terroristischen Aktivitäten bestimmter Gruppen speist.

Einige Politiker fordern, den Film „Tal der Wölfe“ zu verbieten. Ein klares und schnelles Votum der Freiwilligen Selbstkontrolle des Films war in diesem Fall eher am Platz. Aber wir wissen alle: Kein Verbot kann die offene Auseinandersetzung und den Dialog ersetzen. Das Gespräch zwischen den verschiedenen Kulturen und Religionen sollte in der Schule ebenso geführt werden wie in der Familie oder am Arbeitsplatz. Doch viele sind dazu leider nicht fähig, weil es ihnen an grundlegenden Kenntnissen fehlt. Und zwar in der eigenen Kultur genauso wie in der Kultur anderer, in der eigenen Religion genauso wie in derjenigen, zu der sich der Nachbar bekennt.

Applaus für einen Film, der nur die gegenseitige Unkenntnis zwischen den Religionen verstärkt, hilft uns jedenfalls nicht. Im Gegenteil.