Fluch oder Segen

Im Sport ist nicht alles kalkulierbar

23. Februar 2006


Nach traumhaften Sonnentagen in der ersten Olympiawoche ist das Wetter umgeschlagen. Regen in Turin, Schnee in den Bergen. "Endlich sind die Berge weiß, die Wege nicht mehr ganz so grau und matschig", sagen die Einheimischen.

Die veränderten Wetterverhältnisse bedeuten vor allem eine große Herausforderung für die Skitechniker, die hinter den Kulissen wirken und die Ski für zahlreiche Disziplinen präparieren. "Jeder Athlet, jede Athletin in den Nordischen Disziplinen hat etwa 20 Paar Ski für drei Temperaturbereiche", erklärt einer der Skitechniker freundlich. Er öffnet seine Schubladen und Schränke und zeigt die verschiedenen Tuben und Dosen. "Mehr als hundertfünfzig Wachssorten gibt es. Wir müssen herausfinden, welches Wachs am besten zu welchem Ski passt", fügt er hinzu.

Mehrere Stunden vor dem Wettkampf sind die Techniker schon im Einsatz.  Sie prüfen den Schnee, testen die Ski und suchen nach geeigneten Wachssorten. Dann werden alle Werte in einen Computer eingegeben. Erst unmittelbar vor dem Rennen wird entschieden, mit welchem Ski gefahren und wie präpariert wird.

In Pragelate, dem Austragungsort für die Nordische Kombination und die Langlaufwettbewerbe, arbeiten die Serviceleute in aufgestellten Containern. Sie schaffen auf engstem Raum. Durch die ungesunden Wachsdämpfe beißt die Luft beim Atmen und die Augen tränen. Trotzdem herrscht eine gute Stimmung, alle packen fleißig an, keiner beklagt sich. „Das sind wir gewohnt, das ist bei den meisten Weltcupkonkurrenzen genauso,“ sagt einer der Techniker.

Im Gegensatz dazu sind die Arbeitsbedingungen für die Technik-Crew der Biathleten in San Sicario sehr komfortabel. Für sie wurden extra neue Arbeitskabinen gebaut. Überall an den Wänden stehen unzählige Ski, die sorgsam in Reih und Glied aufgestellt sind. Über dem Arbeitsplatz gibt es vorschriftsmäßig eine Dunstabzugshaube. Beim Wachsauftragen tragen alle eine Atemschutzmaske. „Die Gerüche und Dämpfe, die entstehen, sind sehr gesundheitsschädlich", wird erklärt. Die Serviceleute leisten eine hervorragende Arbeit.  Die Weichen sind auf Sieg gestellt.

Trotzdem kann es sein, dass das Rennen durch wechselnde Wetterbedingungen geprägt wird. So war es auch beim siebeneinhalb Kilometer Sprint der Damen. Die Deutschen, die alle in der ersten Startgruppe in die Loipe gingen, konnten mit den anderen Läuferinnen nicht mithalten. Vor allem die ersten Startnummern erwischte es hart. Sie quälten sich im dichten Schneetreiben durch die Loipe und kamen einfach nicht voran. Alle später gestarteten Läuferinnen profitierten von der deutlich schnelleren Loipe und belegten vordere Plätze. Auch am Schießstand ließen die äußeren Bedingungen kein gutes Ergebnis für das deutsche Team zu.

"Es ist hart für eine Läuferin, wenn sie bei solch einem Schnee laufen muss und sehen kann, dass gleich die Sonne rauskommt, sagt Olympiapfarrer Thomas Weber und er fügt nachdenklich hinzu: "Vielleicht ist das der Reiz des Sports. Vieles ist planbar und machbar, aber letzten Endes liegt das Gelingen nicht in unserer Hand - weder im Sport noch im sonstigen Leben."

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