Faire Fußbälle

Deutsche Kirchenkampagne wirbt für bessere Arbeitsbedingungen

22. Februar 2006


Begeistert nimmt Brasiliens Staatschef den Ball auf. "Das ist richtig gute Qualität", schwärmt Luiz Inácio Lula da Silva, als er die silberne Lederkugel in seinen Händen hält. Der Präsident des fußballverrückten Landes besuchte die 9. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) im südbrasilianischen Porto Alegre. Während der Visite überreichten ihm Vertreter des Weltkirchenrates einen Ball aus fairem Handel.

"Lulas Bild mit dem Ball ist enorm wichtig", sagt Martin Domke, Projektleiter von "fair play : fair life". Brasilien sei schließlich "die größte Fußballnation der Welt und jetzt vor der Weltmeisterschaft in Deutschland brauchen wir prominente Unterstützung". Domke arbeitet für die Evangelische Kirche von Westfalen. Er leitet hauptberuflich das evangelische Informationszentrum 3. Welt in Herne. Sonst befasst er sich mit Flüchtlingsprojekten und der Entwicklungsarbeit. Vor der WM 2006 legt er sich voll ins Zeug für "fair play : fair life". Mit von der Partie sind 30 weitere Institutionen: vom westdeutschen Fußball und Leichtathletikverband bis zur Landesregierung Nordrhein-Westfalen.

Das große Ziel: Im Jahr der WM sollen die Bälle aus fairem Handel den Durchbruch schaffen. Domke: "In Schulen, Fußballvereinen und in den WM-Städten muss unsere Botschaft rüberkommen: Leute, kauft Bälle aus fairem Handel."

Noch ist fairer Handel bei der Herstellung der Bälle ein Fremdwort. Die Hauptstadt der Fußballproduktion heißt Sialkot, ein trostloser Ort im Nordosten Pakistans. Rund vier von fünf Bällen der weltweiten Produktion stammen aus dieser Stadt. Mehr als 30.000 Männer und Frauen nähen hier die Kugeln Stich für Stich zusammen. Drei bis fünf Bälle schaffen sie jeweils an einem Tag. Der Lohn: Weniger als zwei Euro.

"Mit diesen Hungerlöhnen müssen die Arbeiter oft große Familien durchbringen", sagt Domke. "Sie schuften lange in den stickigen Fabriken, jederzeit können die Chefs sie entlassen." Gewerkschaften sind in Sialkot oft verboten. Fairer Handel jedoch steht für gerechte Löhne, geregelte Arbeitszeiten, Gesundheitsschutz, Gewerkschaftsfreiheit. Kurz: Die Firmen müssen internationale Mindeststandards einhalten. "Nur wenn ich faire Bälle nähe, bekomme ich für meine Arbeit einen fairen Lohn", sagt Sameena Nyas, eine junge Näherin aus Sialkot.

Mehr und mehr Firmen lassen ihre Bälle in Pakistan fair produzieren - und das freiwillig. Kontrolleure von TransFair, einer Organisation für fairen Handel, inspizieren die Fabriken. Die Besucher von TransFair kommen unangemeldet. Nur die Unternehmen, die tatsächlich ihre Bälle fair herstellen, dürfen das so genannte TransFair-Logo auf die Kugel kleben. Der Absatz der Bälle sei in den vergangenen zwei Jahren um 200 Prozent gestiegen, so Domke. Der Clou: Die fairen Bälle kosten im Geschäft oft kaum mehr als traditionell produzierte Kugeln.