Käßmann: Statement in Pressekonferenz zur Bilanz

28. Mai 2005


 - Es gilt das gesprochene Wort -

Dieser Kirchentag war ein Segen. Allein schon der Abend der Begegnung am Eröffnungstag hat die heitere Zuversicht der Christinnen und Christen gezeigt. Mich hat besonders bewegt, wie Zehntausende von Menschen still werden, Kerzen anzünden, singen und beten. Wie in einer Halle zu einem schwierigen Thema wie „Zukunft der Gemeinde“ 6 000 Menschen konzentriert zuhören und mitdenken. Die beste Innovation dieses Kirchentages ist für mich ist das Kinderzentrum. 12.000 Kinder an einem Tag. Und sie haben die relevanten Fragen gestellt: Was macht Gott mit den Bösen? Ein kleines Mädchen fragte mich: Kann Gott meine Krankheit gesund machen? – und zeigte mir ihre Neurodermitis. Die Losung hat uns dazu gebracht, elementar vom Glauben zu reden.

Immer wieder bin ich gefragt worden, ob der Kirchentag nicht ein Wahlkampfforum bietet. Das haben die Teilnehmenden schlicht nicht zugelassen. Sie haben die Evangelischen in der Politik ernsthaft befragt nach ihrer Verantwortung, nach ihren Grundüberzeugungen. Ja, sie haben auch geklatscht, wenn sie Meinungen teilen und es sei mancher Politikerin und manchem Politiker gegönnt, hier einmal nicht Politikverdrossenheit und Worthülsenschlagabtausch zu erleben, sondern ehrliches Interesse und kritischen Geist. Sie sind miteinander achtsam und ohne persönliche Diffamierung umgegangen. Ich hoffe, das hat einen Lerneffekt für den bevorstehenden Wahlkampf.

Dieser Kirchentag hat gezeigt: es gibt einen lebendigen, real existierenden Protestantismus in unserem Land. Dieser hat auf dem hannoverschen Kirchentag sein Profil geschärft. Da geht es nicht nur um ein Zwischenhoch wie das Wetter, das uns geschenkt wurde – ab Montag sollen die Temperaturen ja fallen. Kirchlich gesehen ist das ein Zeichen für ein Dauerhoch, denke ich. Wir erfahren ab und an ein Zwischentief, Krisenzeiten, Finanz- und Strukturprobleme. In unseren Gemeinden gibt es manches Mal eine Durststrecke und auch berechtigte Klagen und Zukunftssorgen. Aber konstant ist der christliche Glaube, die kirchliche Existenz. Das Fest des Glaubens hat uns gut getan, das war wie Weihnachten bei 30 Grad. Es hat ermutigt, am Glauben festzuhalten und andere einzuladen, es hat ermutigt, sich nicht zurück zu ziehen, sondern sich kräftig einzumischen in diese Welt, von der wir glauben, dass sie Gottes Welt ist.